28 Mai 1. Juni – Weltmilchtag – wie glücklich macht Milch?
Seit fast 60 Jahren feiert der internationale Milchwirtschaftsverband am 1. Juni den Weltmilchtag. Die Vor- und Nachteile von Milch und Milchprodukten wie moderne Faser aus Non-food-milk für Modeartikel wird hier übersichtlich dargestellt.
Vielfach wir angeführt, dass nur Säuglinge Milch benötigten. Jedes Säugetier würde mit dem Milchtrinken aufhören, nur der Mensch nicht, also sei dies „unnatürlich“. Für Säuglinge bis zum sechsten oder achten Monat hat die Muttermilch unbestritten unnachahmliche Vorteile. Kuhmilch oder verschiedene Formen von selbstgemachtem Muttermilchersatz sind hingegen für das Gedeihen von Säuglingen wenig geeignet. Mit Muttermilch werden nicht nur leichter verdauliches Protein und Calcium aufgenommen, sondern auch Abwehrstoffe (Immunglobuline) und Aromen aus den Speisen der Mutter. Mit jedem Schluck lernt dabei unser Immunsystem sich der jeweiligen Umwelt anzupassen und auch das Geschmacksgedächtnis wächst durch die mitgelieferten Aromen in die regionale Esskultur hinein. Bei der Mutter wird Übergewicht am besten durch die Milchbildungshormone Prolaktin und Oxytocin abgebaut, da die in der Schwangerschaft gebildeten Fettzellen am besten auf diese Hormone reagieren. Gestillte Kinder weisen weniger Erkrankungen und auch ein geringeres Risiko für späteres Übergewicht auf.
Säuglingsnahrung in Pulverform oder Formulamilch hat gegenüber Muttermilch den Nachteil, dass es aufgrund der starken Verarbeitung mehr oxidierte Fettanteile enthält und eine geringere antioxidative Kapazität aufweist. Dies kann sich nachteilig auf die Bildung von Gehirn- und Nervenzellen beim Kind auswirken und möglicherweise dazu beitragen, dass die Fälle von sog. „plötzlichem Kindstod“ bei nicht-gestillten Kindern höher sind.
Nach einem halben bis dreiviertel Jahr hat Muttermilch keinen wesentlichen Vorteil mehr. Vielfach wird jedoch behauptet, Fertigmilch sei besser und müsse ab dem sechsten Monat „verabreicht“ werden. Doch Milch enthält nur wenige Nährstoffe und muss auch in Säuglingsfertignahrung künstlich zugesetzt werden. Sobald das Kind greifen kann sollten ganz natürlich, die Nährstoffe, welche Milch nicht enthält (Vitamin D, E, Eisen, Jod und langkettige ungesättigte Fettsäuren) nach und nach zugeführt werden. Enthalten sind diese Mikronährstoffe in der ersten Beikost aus Hafer- oder Hirsebrei, Fettfisch und wenig Rindfleisch und frischem Obst. Zur Proteinzufuhr tragen neben Fleisch und Fisch mit zunehmender Essmenge im ersten Lebensjahr der Kinder wie auch später bei Erwachsenen Erbsen, Eier, Getreide und Nüsse bei.
Milch und insbesondere die Molke ist für Erwachsene sehr wertvoll. Molkeneiweiß ist besser verdaulich – Ricotto besteht aus Molkeneiweiß, Quark hingegen aus Casein, dass im Magen grob gerinnt. Schon ein viertel Liter Milch oder 200g Ricotto decken 30% des täglichen Calciumbedarfs. Viele Enzyme sind calciumabhängig; Calcium ist wichtig für die Gedächtnisbildung, die Regulation von Zellsignalen und Zellwachstum (reduziert das Krebsrisiko). Bewegung ist wichtig um Zug auf die Knochen auszuüben und damit die Einlagerung von Calcium in die Knochen zu aktivieren. Bei sitzender Tätigkeit oder wenig Bewegung ist eine höhere Calciumzufuhr nötig, um die Knochen stabil zu halten. Ein Verweis auf die scheinbar gesündere milcharme Ernährung unserer Vorvorfahren, den Hominiden, ist daher unpassend. Wir müssten dann auch täglich wesentlich mehr schwere Kraftarbeit leisten und überwiegend im Freien arbeiten, um mittels Sonnenlicht ausreichend Vitamin D zu produzieren und so den Calciumtransport in die Knochen anzukurbeln.
Die in Milch enthaltene Laktose erleichtert wesentlich die Calciumaufnahme, während Phytinsäure in pflanzlichen Lebensmitteln die Calciumaufnahme reduzieren kann. Bei Laktoseintoleranz sollte daher Laktose nie ganz vermieden werden, sondern mindestens 3 – 5 Gramm täglich aufgenommen werden. Im Vergleich zu anderen calciumhaltigen Lebensmitteln weist Milch zudem einen hohen Gehalt der wertvollen Aminosäure Lysin auf. Lysin ist wichtig für das Bindegewebe und zur Abwehr von Herbesviren. Bei langer Lagerung wird Lysin allerdings schnell zerstört.
Ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Harnsteinen wurde der Milch nachgesagt. Eine Überversorgung mit Calcium ist durch Milch oder Joghurt (2 Liter) kaum möglich, durch Hartkäse schon eher (180 g) und durch Nahrungsergänzungsmittel sehr wohl. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sieht für Erwachsene 2 500 mg Calcium pro Tag als oberste tolerierbare Gesamtzufuhrmenge an. Bei höheren Mengen würde aufgrund der ungünstigen Protein-, Calcium- und Phosphatzufuhr das Risiko für Steinbildung in Niere oder Galle steigen. Umgerechnet auf Milchprodukte wird diese Obergrenze erreicht mit 500 ml Milch plus 100 Gramm Hartkäse plus 50 g Milchschokolade sowie einem Liter sehr calciumreichen Mineralwasser (ca. 500 mg/Liter). Etwa ein Drittel dieser Mengen reichen selbst für Erwachsene schon, um Knochen, Enzyme und Nerven gut mit Calcium zu versorgen, zumal auch noch Calcium aus festen Gemüsesorten und Getreideprodukten zur Versorgung beitragen.
Für Vegetarier ist die Calciumaufnahme kein Problem, wohl aber für Veganer, da hier keinerlei Milchprodukte verzehrt werden. Calciumreiche vegane Lebensmittel sind Wintergemüse wie Grünkohl und Spinat, Hasel- und Paranüsse, reiner Kakao, Vollkornprodukte und Mineralwasser. Wichtig hierbei ist jedoch, die Löslichkeit von Calcium zu erhöhen, um eine bessere Aufnahme zu gewährleisten. Möglich wird dies indem z.B. Getreideflocken über Nacht eingeweicht werden oder Vollkornmehl mit Sauerteig angesetzt wird. Auch ein im Menü enthaltener Salat, mit gutem Essig angemacht, oder ein Fruchtnachtisch verbessern durch darin enthaltene, basisch wirkende Citrate die Calciumaufnahme aus pflanzlichen Lebensmitteln.
Werden calciumhaltige Lebensmittel auf mehrere Mahlzeiten verteilt, verbessert sich die Calciumaufnahme, da die Calcium-Transporter so nicht überlastet werden. Es gibt seit der EU-Novellierung der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung (BGBl. I S. 1036, BGBl. I S. 1633, 2014) keinen Mindestgehalt an Mineralien mehr für Mineralwasser. Daher kann auch Wasser mit 5 mg Calium pro Liter als Mineralwasser verkauft werden. Milch enthält ca. 1200 mg Calcium pro Liter, unser Trinkwasser ca. 50 mg. Calciumreich darf sich ein Mineralwasser erst nennen, wenn es über 250 mg Calcium pro Liter enthält. Regelmäßiges Trinken z.B. in Form einer Vitamin-C-haltigen Saftschorle oder eines Erdbeer-Buttermilch-Shake erfrischt daher doppelt. Fruchtsäuren, die auch in Gemüsesäften vorkommen, verbessern die Calciumaufnahme. Ein Schuss Saft ins Mineralwasser oder eine kleine Gemüseknabberei mit Joghurtdipp sind daher eine ideale Kombination.
Täglich fällt jede Menge „non-Food“-Milch an. Was ist das? Als Non-Food-Milch wird Milch bezeichnet, die eine erhöhte Keimzahle oder Hemmstoffe (Antibiotika) aufweist. Schlechte Tierhaltung, übertriebene Züchtung auf Hochleistungskühe und artfremdes eiweißreiches Futter wie Mais – anstelle von arttypischer Grüngrasfütterung – fördern Tierkrankheiten und die Menge an Non-Food-Milch. Diese Milchen sowie die Überschussmilch der EU, all das gehört zum sog. non-food-Bereich. Als sog. „nachhaltiges“ Produkt soll die „Non-FOOD-Milch“ nun attraktiv gemacht werden, als ökologisch Faser und junge Mode. Wie das möglich wird? Aus der „Non-FOOD-Milch“ werden zunächst Eiweiße herausgelöst. Die weiter modifizierten Eiweiße lassen sich ganz einfach verspinnen wie Wolle oder Seide auch und gelangen als Öko-Mode wieder auf den Markt. Auch sog. Biokunststoff sowie photoresistente und photohärtbare Lacke für den Elektronikbereich können aus Non-Food-Milch hergestellt werden.
Im Gegensatz zu ökologisch erzeugten Lebensmitteln dürfen diese sogar mit der Vorsilbe Öko- oder Bio- werben, obgleich ziemlich viel Chemie und Wasserverbrauch in den Produkten steckt und keinerlei Ökoregeln für die Tierhaltung oder Fütterung eingehalten werden müssen; es genügt hier, dass der Rohstoff biologisch abbaubar ist. Mit Bio oder Nachhaltigkeit hat das alles nichts zu tun.
Europäer stellen nur 10% der Weltbevölkerung dar, verzehren aber 30% der globalen Milch. Während wir mit 233 Liter Milch bzw. entsprechenden Mengen an Milchprodukten pro Jahr unserem Proteinwahn frönen, begnügen sich Menschen in Entwicklungsländern grad mal mit 68 Liter. Weniger Hochleistungskühe, weniger Euterentzündungen und Überschussmilch und einfache Biobaumwolle aus fairer Produktion würden dem Weltmilchtag zur Ehre gereichen.
Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Update Säuglingsernährung – Handlungsempfehlungen liefern klare Antworten für Eltern. DGEinfo (5/2011) 71-74, download 29.05.17,12:21.
Hanna et al.: Effect of storage on breast milk antioxidant activity. In: Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed, Nr. 89, 2004, S. 518–520, doi: 10.1136/adc.2004.049247
EFSA Journal: Calcium and contribution to the normal development of bones: evaluation of a health claim pursuant to Article 14 of Regulation (EC) No 1924/2006, doi: 10.2903/j.efsa.2012.2814; doi: 10.2903/j.efsa.2016.4587
Saxena A, Sharma R K. Nutritional aspect of nephrolithiasis. Indian J Urol 2010;26:523-30, doi: 10.4103/0970-1591.74451
USDA Foreign Agricultural Service. (n.d.). Konsum von Kuhmilch in den wichtigsten Absatzmärkten weltweit in den Jahren 2013 bis 2017* (in 1.000 Tonnen). In Statista – Das Statistik-Portal. Zugriff am 29. Mai 2017, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/461153/umfrage/milchkonsum-in-den-wichtigsten-absatzmaerkten-weltweit/.
Bildquelle: Microsoft Office-online CC Milch-calcium-glas-